Vernissage von Peter Verwunderlich

Peter Verwunderlich war Student an der heutigen Universität für angewandte Kunst Wien und zählte zu ihren besten Absolventen nach 1945. Ausgebildet beim phantastischen Realisten Wolfgang Hutter (emeritiert 1996), zeigte er schon früh seine spezifische Art der Weltsicht, die er seitdem in vielen – auch in Ausstellungen – sehr beachteten Arbeiten immer wieder der Verwandlung unterwarf.
Er ist in seinen Arbeiten prinzipiell auf den menschen konzentriert und dessen sinnlicher Erfahrungswelt, wobei er grundsätzlich von einer sozial durchmischten Gesellschaft ausgeht, also nicht sich auf bestimmte Schichten konzentriert, sondern die Möglichkeit der Verständigung zwischen allen sozialen Gruppierungen sucht.
Ich finde als Kunsthistoriker, aber auch als gerichtlich beeideter Sachverständiger für Kunst diese Idee faszinierend, weil sie ein zentrales Thema der zeitgenössischen Kunst ist, die Partizipation des Publikums als Aktivum mit einschießt. Es ist das genaue Gegenteil der gegenwärtigen Kunstpraxis, wo auch einzelne Kunstgegenstände einem privaten Besitzer gehören (analog zum Projekt!), dann aber für teure Ausstellungen zusammengesucht werden und daraus ein Katalog entsteht, der ja nach kuratorischer Qualität mehr oder weniger die Zufälligkeit der Auswahl beinhaltet.
Er wagt sich nicht nur an den gefährlichen Topos des Kreuzweges mit seinen vierzehn Stationen und seinen inhaltsschweren Botschaften, sondern auch an die Frage der Ethno-Kunst, wenn er in monokultur-apfelsaison 1983 Südtirol auf einen Nenner bringen möchte. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit artikuliert er Hygienefragen für die amerikanische hausfrau oder die spitze Frage von er & sie , zeichnet selbstverständlich Akte mut Khole und entwickelt Rezeptionen wie „ das nächtliche theater“ a hommage a Werner Schwab (volksvernichtung). Und mit der gleichen Selbstverständlichkeit behandelt er emanzipiert, ohne Pathos und „ cool“ – würde eine jüngere Generation sagen – die so oft artikulierte Bildformatfrage in paspartout, in dem er das Gegenteil der Norm thematisiert: das Bild als leere weiße Fläche, im 20. Jahrhundert mit der Bedeutung der Stimmung geadelt, das Paspartout als Bildträger, als Themengeschichte, die viele Varianten gleichzeitig enthält. Auch mensch und natur arbeitet mit einem ähnlichen Ansatz, einer hochintelligenten Antipode von Mensch und Natur als getrennte und doch symbiotische Welterfahrung, sprachlich klug und alle Varianten des Prozesshaften ebenso einschließend wie die symbiotische Integration des Lebens.
Verwunderlich kennt keine Moden und auch keine direkten Vorbilder, er isoliert seine Arbeiten durch die Fragestellungen , die er sich gibt, die inhaltlichen Lösungen, die er findet und die deutlichen Reflexionen, deren Ansätze er gar nicht verleugnet. Hier wird fast in einem multikulturellen Kontext sichtbar, wie Bildsprachlichkeit heute entsteht und verstanden werden kann, welche Synopsen zu ihrer Ausformulierung beigetragen haben und welche geheimnisvolle Kraft dem kreativen Individum zur Verfühung steht, wenn es nur auf sich, in sich hinein und auf jene einflusstragenden Faktoren des eigenen Überlebens hört. Dann ist Malerei – selbst solche, die leicht verständlich ist und viel erzählt – keineswegs in Frage zu stellen.

Text von Univ. Prof. Dr. Manfred Wagner
Professor für Kultur und Geistesgeschichte an der Universität für Angewandte Kunst in Wien.